“…und da ich dazu neige Dinge zu vereinfachen, entfernte ich alle Ecken”
“Die Idee entsprang vermutlich unserem Bedarf zuhause einen Sessel zu haben, der groß genug war damit Pirkko und ich gemeinsam darin sitzen konnten. Und da ich dazu neige Dinge zu vereinfachen, entfernte ich alle Ecken. Mein Vorhaben wurde durch diese Entscheidung rein funktional. Die praktischste Form zu erschaffen für dieses neue Material (Glasfaser), mit dem ich arbeitete. Eine Kugel erschien die richtige Gestalt für ein festes und verformbares Material.”
Als Eero Aarnio Anfang der 1960er Jahre seine Laufbahn als Freelancer begann, war er ein unbekannter Designer, der davon träumte, ein Möbelstück zu entwerfen, das den Menschen im Gedächtnis bleiben würde. Er war seit jeher fasziniert von Segelbooten und hatte sich mit dem neuen Material Fiberglas vertraut gemacht. Er fragte sich, ob man dieses Material außerhalb der Bootsindustrie nutzen könne. Konnte er Möbel aus Glasfasern entwerfen? Eero wusste, dass die beste Form für formbares Plastik die Wölbung ist. Eine geschlossene Kugel hielt fast allem stand. Er hatte die praktischste Form für das neue Material gefunden, mit dem er arbeitete. Zudem brauchten die Aarnios einen Sessel, der groß genug für die ganze Familie war und in dem er und seine Frau Pirkko mit den beiden Töchtern gemeinsam sitzen konnten. Obwohl Funktionalität immer sein primäres Ziel war, ist Eero Aarnio kein gewöhnlicher Designer. Zu seiner Frau sagte er: „Ich werde einen Sessel schaffen, an dem die Leute nicht einfach vorbeilaufen, wenn er im Schaufenster steht.” Er liebte es, zu provozieren, Aufsehen zu erregen.
Die Originalskizze des Ball Chairs entstand am 11. Januar 1963. Eero wusste sofort, dass er zunächst einen Prototyp anfertigen musste. Pirkkos Vater war Lehrer an einer Schule in Salo, wo Eero mit Pirkkos Bruder die Abende ud Wochenenden im Handwerksraum verbrachte und die allererste Schale des Ball Chairs entwickelte. Als die Gussform zum ersten Mal entfernt wurde, erwies sich die äußere Oberfläche als schön, doch die Innenseite war uneben und rau. Sie musste verstärkt werden. Zunächst wurden weitere Fiberglasschichten aufgetragen. Tatsächlich wurde die Schale stärker, doch Eero erkannte, dass das Gewicht und die Kosten entsprechend steigen würden. Als er sich mit dem Problem auseinandersetzte, ging ihm ein Licht auf. Unmittelbar hinter der Öffnung der Schale konnte er ein rundes Rohr anbringen und es mit Fiberglas laminieren. Die Schale wurde hart wie Stein und konnte nun von dem talentierten Polsterer Kataja in Haaga gepolstert werden. Bald darauf stand der erste Prototyp des Ball Chairs in der Wohnung der Aarnios, er hat auch heute seinen Platz im gegenwärtigen Zuhause der Familie in Veikkola.
Der erste potenzielle Kunde für den Ball Chair war die Möbelhandlung Sopenkorpi in Lahti. Eero zeigte dort in der Fabrik seine Zeichnungen und berichtete von dem Prototyp, den er angefertigt hatte. Der Ball Chair wurde nach Helsinki gebracht, wo er im Geschäft am Kasarmitori stand. Der zuständige Vertreter besichtigte ihn, doch letzten Endes war die Firma nicht interessiert. Eero Aarnio ließ sich nicht so leicht entmutigen. 1964 hatte er eine grandiose Idee für das Marketing von Coca-Cola. Er malte die gesamte Schale des Ball Chairs rot an und klebte das vergrößerte Coca-Cola-Logo auf die Rückseite. Nachdem er das Schlafzimmer leergeräumt hatte, kaufte er ein riesiges weißes Brett, in dessen Mitte er den Ball Chair platzierte. Er bat Pirkko, sich ganz in Schwarz in den Sessel zu setzen und mit einem Strohhalm Coca-Cola zu trinken. Eero machte eine Serie von Fotos und rief den Vertreter von Coca-Cola in Finnland an, um sich zu erkundigen, ob Interesse an einer Zusammenarbeit bestand. Als der Vertreter das Konzept der Coca-Cola-Sessel sah, war er begeistert und wollte es an die Hauptgeschäftsstelle senden. Eero war voller Vorfreude; seine Karriere als Freelancer würde bald in Gang kommen. Doch es stand noch nicht in den Sternen geschrieben. Nach einigen Monaten Wartezeit erhielt er einen recht unfreundlichen Brief von der Hauptgeschäftsstelle, in dem es hieß, man habe andere Pläne für das Marketing.